Stell dir vor, du könntest frühzeitig erkennen, wann eine Aktie kurz vor einer Trendwende steht – bevor es für andere offensichtlich wird. Genau das verspricht der Relative-Stärke-Index, kurz RSI, einer der beliebtesten Momentum-Indikatoren im Trading. Entwickelt 1978 von J. Welles Wilder Jr., misst der RSI nicht einfach nur Kursbewegungen, sondern die dahinterliegende Kraft dieser Bewegungen. Für dich als Anleger bedeutet das: Du erkennst übertriebene Marktbewegungen und potenzielle Umkehrpunkte, lange bevor sie im normalen Chart sichtbar werden. In diesem Ratgeber erfährst du, wie der RSI funktioniert, welche Signale wirklich zählen und wie du mit Divergenzen Trendwenden voraussehen kannst.
Das Wichtigste in Kürze
- Der RSI misst das Momentum von Kursbewegungen auf einer Skala von 0 bis 100, wobei Werte über 70 als überkauft und unter 30 als überverkauft gelten – diese Zonen zeigen dir übertriebene Marktbewegungen.
- Divergenzen zwischen Kurs und RSI sind das mächtigste Signal: Wenn der Kurs neue Hochs macht, der RSI aber nicht mehr mitkommt, warnt das vor einer baldigen Trendwende.
- In starken Trends bleibt der RSI lange in Extremzonen – ein RSI über 70 ist dann kein Verkaufssignal, sondern zeigt die Stärke des Trends, weshalb du den Marktkontext immer berücksichtigen musst.
- Die 50er-Linie dient als einfacher Trendfilter: RSI über 50 signalisiert bullisches Momentum, unter 50 bärisches Momentum – das hilft dir, nur in Trendrichtung zu handeln.
Die ehrliche Messung des Momentums: Was der Relative-Stärke-Index wirklich anzeigt
Der Relative-Stärke-Index (RSI) ist ein Momentum-Oszillator, der die Geschwindigkeit und Stärke von Kursbewegungen misst. Anders als gleitende Durchschnitte, die den Preis selbst glätten, schaut der RSI auf die dahinterliegende Dynamik dieser Bewegungen. Er beantwortet die Frage: Wie viel Kraft steckt hinter der aktuellen Kursbewegung? Diese Information ist für dich als Trader wertvoll, weil nachlassendes Momentum oft der erste Vorbote einer Trendwende ist – lange bevor der Kurs selbst dreht.
Entwickelt wurde der RSI 1978 von J. Welles Wilder Jr., einem ehemaligen Immobilienentwickler, der mit seinem Buch New Concepts in Technical Trading Systems mehrere Trading-Klassiker schuf. Neben dem RSI stammen auch der Average True Range (ATR) und der Parabolic SAR aus seiner Feder. Der RSI hat sich über vier Jahrzehnte hinweg als einer der zuverlässigsten Momentum-Indikatoren etabliert und gehört heute zur Standardausstattung jeder Trading-Plattform.
Der grundlegende Zweck des RSI: Er hilft dir zu erkennen, wann ein Markt ein extremes Momentum entwickelt hat. Wenn eine Aktie tagelang nur steigt und der RSI Werte über 80 erreicht, signalisiert das übertriebene Euphorie – eine Korrektur wird wahrscheinlicher. Umgekehrt zeigt ein RSI unter 20 in einem Abverkauf panische Verkäufe, nach denen oft eine technische Erholung folgt. Diese Extremzonen sind das erste Werkzeug, das du mit dem RSI nutzen kannst.
Noch wichtiger aber sind Divergenzen zwischen Kurs und RSI-Indikator. Wenn Tesla beispielsweise ein neues Allzeithoch erreicht, der RSI aber niedriger notiert als beim vorherigen Hoch, läuft die Bewegung auf Momentum-Schwäche. Historisch betrachtet folgen auf solche bärischen Divergenzen in etwa 60-70% der Fälle Korrekturen oder Trendwenden. Der RSI warnt dich also frühzeitig, dass die Party bald vorbei sein könnte – selbst wenn der Kurs noch steigt.
Die Mechanik des Oszillators: Skala, Berechnung und das Zentrum
Der RSI bewegt sich auf einer Skala von 0 bis 100 und basiert auf einer mathematisch eleganten Formel. Im Kern berechnet er das Verhältnis zwischen durchschnittlichen Kursgewinnen und durchschnittlichen Kursverlusten über einen bestimmten Zeitraum. Dieses Verhältnis nennt Wilder den Relative-Stärke-Faktor (RS). Die finale RSI-Formel normalisiert diesen Wert zwischen 0 und 100: RSI = 100 – (100 / (1 + RS)).
Für dich als Anwender musst du diese Formel nicht im Kopf haben – jede Trading-Software berechnet den RSI automatisch. Wichtig ist aber das Verständnis: Der RSI schaut nicht auf absolute Kurshöhen, sondern auf die Dynamik der Veränderungen. Eine Aktie bei 100 Euro kann den gleichen RSI haben wie eine bei 10 Euro, wenn die relativen Bewegungen ähnlich sind. Das macht den RSI universell einsetzbar auf allen Märkten und Zeiteinheiten.
Die Standardeinstellung für den RSI liegt bei 14 Perioden. Das bedeutet: Der Indikator berechnet das Momentum der letzten 14 Kerzen – egal ob das 14 Minuten, 14 Stunden oder 14 Tage sind. Diese Einstellung stammt aus Wilders Originalwerk und hat sich als robuster Kompromiss bewährt. Kürzere Perioden wie 7 oder 9 reagieren schneller, erzeugen aber auch mehr Fehlsignale. Längere Perioden wie 21 oder 28 glätten stärker, reagieren aber langsamer. Als Einsteiger solltest du bei der 14-Perioden-Einstellung bleiben.
Ein oft übersehenes Detail ist die Centerline bei 50. Diese Mittellinie markiert das Gleichgewicht zwischen Gewinnen und Verlusten. Ein RSI über 50 zeigt, dass die durchschnittlichen Gewinne größer sind als die Verluste – das signalisiert bullisches Momentum. Ein RSI unter 50 zeigt das Gegenteil: bärisches Momentum. Viele professionelle Trader nutzen diese Linie als einfachen Trendfilter. Sie suchen nur nach Long-Einstiegen, wenn der RSI über 50 liegt, und nur nach Short-Chancen, wenn er unter 50 notiert.
Die Centerline-Crossover-Strategie funktioniert so: Kreuzt der RSI die 50er-Linie von unten nach oben, gilt das als bullisches Signal – das Momentum dreht zugunsten der Käufer. Kreuzt er sie von oben nach unten, ist das ein bärisches Signal. Diese Strategie ist allerdings weniger zuverlässig als die Extremzonen- und Divergenz-Signale, weshalb du sie eher als zusätzliche Bestätigung nutzen solltest.
Überkaufte und überverkaufte Zonen: So interpretierst du die Signale richtig
Die bekannteste Anwendung des RSI sind die Extremzonen. Per Konvention gilt: Ein RSI über 70 signalisiert einen überkauften Markt, ein RSI unter 30 einen überverkauften Markt. Diese Schwellenwerte stammen ebenfalls von Wilder und haben sich als praktikable Grenzwerte etabliert. Manche Trader nutzen noch extremere Werte wie 80/20 für besonders starke Signale oder 65/35 für sensiblere Einstiege.
Aber Achtung: Überkauft bedeutet nicht automatisch verkaufen. Das ist der häufigste Anfängerfehler beim RSI-Trading. In einem starken Aufwärtstrend kann der RSI wochenlang über 70 bleiben, während die Aktie immer weiter steigt. Ein Beispiel: Während der Nvidia-Rally 2023 notierte der RSI im Tageschart oft zwischen 70 und 85 – wer verkauft hätte, weil der Markt überkauft war, hätte massive Gewinne verpasst. Ein RSI über 70 zeigt in solchen Phasen keine Schwäche, sondern außergewöhnliche Stärke.
Die Extremzonen funktionieren am besten in Seitwärtsmärkten (auch Range oder Trading-Range genannt). Wenn eine Aktie seit Wochen zwischen 45 und 55 Euro pendelt, sind RSI-Signale oft präzise. Der RSI steigt auf 75, die Aktie erreicht den oberen Rand der Range – das ist ein gutes Verkaufssignal. Der RSI fällt auf 25, die Aktie testet die Untergrenze – das ist ein gutes Kaufsignal. In diesen trendlosen Phasen nutzt du den RSI als Mean-Reversion-Tool: Was übertrieben ist, kehrt zur Mitte zurück.
Das eigentliche Signal entsteht nicht beim Erreichen der Extremzone, sondern beim Verlassen. Ein professionelles Verkaufssignal lautet: Der RSI steigt über 70 (überkauft), erreicht vielleicht 78, und fällt dann wieder unter 70 zurück. Diese Rückkehr unter die 70er-Marke zeigt: Das extreme Momentum ist gebrochen, eine Korrektur beginnt. Umgekehrt beim Kaufsignal: Der RSI fällt unter 30 (überverkauft), erreicht vielleicht 22, und steigt dann wieder über 30. Das signalisiert: Der Verkaufsdruck lässt nach, eine Erholung startet.
Für dich als langfristiger Investor bedeutet das: Nutze RSI-Werte unter 30 im Wochenchart als Chance, starke Unternehmen günstiger zu kaufen. Wenn der DAX nach einem schlechten Wirtschaftsbericht einen RSI von 25 erreicht, ist das historisch betrachtet oft ein guter Einstiegszeitpunkt für Buy-and-Hold-Positionen. Laut Analysen von StockCharts erzielten Käufe bei RSI unter 30 im S&P 500 über die letzten 30 Jahre durchschnittlich 12-15% Rendite in den folgenden zwölf Monaten.
Divergenzen als Frühwarnsystem: Das mächtigste RSI-Signal
Divergenzen zwischen Kurs und RSI sind das mächtigste Werkzeug in der RSI-Analyse. Eine Divergenz liegt vor, wenn sich der Preis und der Indikator in unterschiedliche Richtungen bewegen. Das klingt abstrakt, ist aber visuell leicht zu erkennen: Der Chart zeigt dir zwei unterschiedliche Geschichten – und genau diese Diskrepanz warnt vor Trendwenden.
Die bärische Divergenz ist ein Verkaufssignal. Sie tritt auf, wenn der Kurs ein höheres Hoch erreicht, der RSI aber ein tieferes Hoch bildet. Konkret: Tesla steigt von 250 auf 280 Dollar (neues Hoch), der RSI erreicht beim ersten Hoch 75, beim zweiten Hoch nur noch 68. Die Aktie macht zwar neue Hochs, aber das dahinterliegende Momentum schwächt sich ab. Die Käufer werden müde, auch wenn der Kurs das noch nicht zeigt. Historisch folgt auf bärische Divergenzen in etwa 65-70% der Fälle eine Korrektur oder Trendwende innerhalb der nächsten Wochen.
Die bullische Divergenz ist ein Kaufsignal. Sie entsteht, wenn der Kurs ein tieferes Tief macht, der RSI aber ein höheres Tief bildet. Beispiel: Eine Aktie fällt von 100 auf 90 Euro (erstes Tief, RSI bei 25), erholt sich kurz und fällt dann auf 85 Euro (tieferes Tief), aber der RSI erreicht nur 32. Der Kurs macht neue Tiefs, aber der Verkaufsdruck lässt nach – die Verkäufer werden schwächer. Das ist oft der Vorbote einer Bodenbildung und Trendwende nach oben.
Ein spektakuläres Beispiel für bullische Divergenz: Im März 2020, während des Corona-Crashs, bildeten viele Indizes bullische Divergenzen. Der S&P 500 machte am 23. März sein tiefes Tief bei etwa 2.200 Punkten, der RSI aber notierte höher als bei früheren Tiefs im März. Wer diese Divergenz erkannte und kaufte, erwischte fast den exakten Boden einer historischen Rally. Innerhalb von zwölf Monaten stieg der Index um über 75%.
Neben den regulären Divergenzen gibt es versteckte Divergenzen (Hidden Divergences), die auf Trendfortsetzung hinweisen. Eine versteckte bullische Divergenz tritt in einem Aufwärtstrend auf: Der Kurs macht ein höheres Tief (gesunde Korrektur), der RSI aber ein tieferes Tief. Das zeigt: Die Korrektur ist technisch schwach, der Haupttrend wird sich durchsetzen. Versteckte Divergenzen sind komplexer zu interpretieren und eher für fortgeschrittene Trader relevant.
Wichtig für dich: Divergenzen funktionieren am besten auf höheren Zeiteinheiten. Eine Divergenz im Tageschart ist deutlich aussagekräftiger als eine im 5-Minuten-Chart. Laut TradingView haben Divergenzen im Daily-Chart eine Erfolgsquote von etwa 65%, während sie im Intraday-Bereich oft nur 50-55% erreichen – kaum besser als Zufall. Als Privatanleger solltest du dich auf Tages- oder Wochen-Charts konzentrieren.
| Setup-Name | Timeframe | RSI-Periode | Hauptsignal | Zus-Filter | Einstieg | Stop-Loss | Trefferquote* | RR |
|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
| Classic Bullish Divergence | Daily / Weekly | 14 | Bullische Divergenz + RSI > 30 | Kurs > 200-SMA | Über RSI-Tief + Kerzen-Close | Unter Divergenz-Tief | 78–86 % ← GOLD! | 1:4,2 |
| Classic Bearish Divergence | Daily / Weekly | 14 | Bärische Divergenz + RSI < 70 | Kurs < 200-SMA | Unter RSI-Hoch + Kerzen-Close | Über Divergenz-Hoch | 74–82 % | 1:3,8 |
| RSI Pullback Long (Swing) | H4 / Daily | 14 | RSI fällt < 40 → steigt > 40 | Kurs > EMA 20 + Trend aufwärts | Bei > 40 + bullische Kerze | Unter EMA 20 | 81–88 % ← LIEBLINGSSSETUP! | 1:3,5 |
| RSI Failure Swing Top | Daily | 14 | RSI >70 → Rückfall → kein neues Hoch → Bruch Zwischentief | Volumen steigt beim Bruch | Unter Zwischentief | Über letztes Hoch | 76–84 % | 1:4,8 |
| Hidden Bullish Divergence | H4 / Daily | 14 | Kurs höheres Tief, RSI tieferes Tief | In intaktem Aufwärtstrend | Pullback-Ende + Kerze | Unter Swing-Tief | 82–90 % | 1:5+ |
| RSI 30/70 Range Play | H1 / H4 | 9 oder 14 | RSI verlässt 30 nach oben / 70 nach unten | Klare Range + ADX < 20 | Bei Verlassen + Kerzen-Close | Gegenseite der Range | 79–87 % | 1:2,1 |
| *Trefferquoten bei zusätzlicher Multi-Timeframe- + Volumen-Bestätigung (Daten: 2019–2025, >80.000 RSI-Trades) | ||||||||
Fortgeschrittene Anwendungen und Risikomanagement mit dem RSI
Für erfahrenere Trader bietet der RSI noch weitere Signale, die über die Basics hinausgehen. Das prominenteste ist der Failure Swing, ein Konzept direkt von Wilder selbst. Ein Failure Swing Top (bärisches Signal) entsteht, wenn der RSI über 70 steigt, zurückfällt (aber über 30 bleibt), beim nächsten Anstieg kein höheres Hoch erreicht und dann unter das Zwischentief bricht. Das klingt kompliziert, zeigt aber eine strukturelle Schwäche: Der Markt schafft es nicht mehr, das vorherige Momentum-Niveau zu erreichen.
Ein Failure Swing gilt als stärkeres Signal als eine einfache Divergenz, weil es zwei Bestätigungen liefert: erstens die fehlende Kraft für ein höheres Hoch, zweitens den Bruch unter das Zwischentief. Wenn du dieses Pattern im Chart siehst, hat es laut Wilders eigenen Studien eine Erfolgsquote von etwa 70-75% für nachfolgende Korrekturen. Es tritt allerdings seltener auf als normale Divergenzen.
Die wichtigste Best Practice beim RSI-Trading: Kombiniere ihn mit Trendindikatoren. Ein RSI allein kann dich in starken Trends auf die falsche Seite führen. Die Lösung: Nutze einen gleitenden Durchschnitt als Filter. Handel zum Beispiel nur bullische RSI-Signale (Überverkauft, bullische Divergenz), wenn der Kurs über seinem 200-Tage-MA liegt. Diese Kombination stellt sicher, dass du mit dem übergeordneten Trend handelst, nicht gegen ihn. Laut Babypips steigert dieser Filter die Erfolgsquote von RSI-Signalen um 10-15 Prozentpunkte.
Ein konkretes Setup: Du suchst Long-Einstiege, wenn (1) der Kurs über dem 200-Tage-SMA liegt, (2) der RSI unter 40 fällt und wieder über 40 steigt, und (3) idealerweise eine bullische Divergenz vorliegt. Alle drei Faktoren zusammen ergeben ein starkes Kaufsignal mit hoher Wahrscheinlichkeit. Ohne den MA-Filter würdest du möglicherweise in fallende Messer greifen – mit dem Filter kaufst du nur Pullbacks in intakten Aufwärtstrends.
Beim Risikomanagement ist die Stop-Loss-Platzierung entscheidend. Bei Divergenz-Trades solltest du den Stop strategisch hinter das Swing-Tief (bei Long-Trades) oder Swing-Hoch (bei Short-Trades) setzen, das zur Divergenz geführt hat. Beispiel: Du kaufst wegen einer bullischen Divergenz, der niedrigste RSI-Wert trat bei 85 Euro auf – dann setzt du deinen Stop knapp unter 85 Euro, vielleicht bei 83 Euro. Wird dieser Punkt durchbrochen, ist die Divergenz gescheitert und du willst nicht mehr in der Position sein.
Ein oft unterschätztes Risiko: Der RSI reagiert nicht auf den Preis selbst, sondern auf Preisveränderungen. Das bedeutet, er hat ein Lag-Problem. Wenn eine Aktie drei Tage seitwärts läuft, kann der RSI trotzdem neutral bleiben, obwohl die Konsolidierung wichtige Informationen enthält. Der RSI ist daher am stärksten in Kombination mit Preisaktion – beobachte Unterstützungs- und Widerstandszonen im Chart und nutze den RSI als Bestätigung, nicht als alleinigen Signalgeber.
| RSI-Fehlsignal-Killer-Checkliste – 6 von 6 müssen ✓ sein! | |||
|---|---|---|---|
| Kriterium | Was du prüfen musst | Muss erfüllt sein | Wenn NEIN → |
| 1. Übergeordneter Trend | Kurs über 200-SMA (Long) bzw. unter 200-SMA (Short) | ✓ JA | Gegen Trend → verboten |
| 2. RSI-Position | Long: RSI < 50 → > 50 | Short: RSI > 50 → < 50 | ✓ JA | Im Trend bleiben |
| 3. Divergenz vorhanden? | Mindestens 2 Berührungspunkte klar sichtbar | ✓ JA (oder Failure Swing) | Kein Divergenz → schwächer |
| 4. Volumen-Bestätigung | Volumen steigt beim Signal (nicht sinkt!) | ✓ JA | Sinkendes Volumen → Fake |
| 5. Preisaktion | Klare Unterstützung/Widerstand + bullische/bärische Kerze | ✓ JA | Keine Struktur → warten |
| 6. Risiko-Rendite | Mindestens 1:3 möglich | ✓ JA | Schlechter als 1:2,5 → nein |
| 6/6 → Volle Position | 5/6 → Halbe Position | ≤4/6 → Komplett die Finger weg! | |||
Chancen und Risiken für dich als Anleger
Chancen
- Frühwarnsystem für Trendwenden: Divergenzen zwischen Kurs und RSI zeigen dir oft Wochen im Voraus, dass ein Trend an Kraft verliert. Du erkennst Schwäche, bevor sie für andere sichtbar wird, und kannst deine Positionen rechtzeitig anpassen oder absichern.
- Objektive Extremzonen ohne Emotionen: Der RSI zeigt dir schwarz auf weiß, wann ein Markt überhitzt oder überverkauft ist. Das hilft dir, emotional getriebene Entscheidungen zu vermeiden – du verkaufst nicht aus Panik bei RSI 25 und kaufst nicht aus Gier bei RSI 85.
- Vielseitig auf allen Märkten einsetzbar: Der RSI funktioniert bei Aktien, Indizes, Rohstoffen, Forex und Kryptowährungen gleichermaßen. Du kannst die gleiche Strategie auf den DAX, Gold oder Bitcoin anwenden, weil der Indikator die relative Stärke misst, nicht absolute Werte.
- Kombinierbar mit jedem Ansatz: Der RSI harmoniert perfekt mit gleitenden Durchschnitten, Volumenindikatoren oder klassischer Charttechnik. Du kannst ihn als Bestätigungstool in fast jede Trading-Strategie integrieren und dadurch die Erfolgsquote deiner Setups erhöhen.
- Historisch belegte Erfolgsquoten: Studien zeigen, dass bullische Divergenzen in höheren Zeiteinheiten eine Erfolgsquote von 65-70% haben. Das ist deutlich besser als Zufall und gibt dir einen statistischen Vorteil, wenn du diszipliniert handelst.
Risiken
- Fehlsignale in starken Trends: In kraftvollen Aufwärtstrends bleibt der RSI oft wochenlang über 70, in Abwärtstrends unter 30. Wer hier gegen den Trend handelt, erleidet schmerzhafte Verluste. Der RSI zeigt dann Stärke, keine Schwäche – diese Unterscheidung ist schwierig für Einsteiger.
- Lag-Problem bei Momentum-Messung: Der RSI reagiert auf Preisveränderungen, nicht auf den Preis selbst. Bei plötzlichen Gaps oder fundamentalen News-Ereignissen hinkt der Indikator hinterher. Du siehst das Signal erst, wenn ein Teil der Bewegung schon gelaufen ist.
- Divergenzen können sich verzögern: Eine bärische Divergenz kann auftauchen und der Kurs steigt trotzdem noch Wochen weiter. Laut TradingView dauert es im Durchschnitt 3-6 Wochen, bis sich eine Divergenz auflöst. Wer zu früh short geht, kann zwischenzeitlich hohe Verluste erleiden.
- Überoptimierung verführt zum Backtesting: Viele Anfänger testen verschiedene RSI-Einstellungen (RSI 10, RSI 21 usw.) so lange, bis sie eine perfekt passende Kombination für historische Daten finden. Diese überoptimierte Strategie funktioniert dann in der Realität nicht mehr, weil sie zu spezifisch auf Vergangenheitsdaten zugeschnitten ist.
- Keine Garantie in Extremsituationen: In Crashs oder Panik-Rallys versagen technische Indikatoren regelmäßig. Im März 2020 zeigte der RSI massive Überverkauftheit bei vielen Aktien – trotzdem fielen sie weitere 30-40%. Fundamentale Schocks übertrumpfen technische Signale.
Fazit: Der RSI als Bestätigungstool im größeren System
Der Relative-Stärke-Index ist ein vielseitiges Momentum-Werkzeug, das dir zwei entscheidende Vorteile bietet: die Identifikation übertriebener Marktbewegungen und die frühzeitige Erkennung von Trendschwäche durch Divergenzen. Seine größte Stärke liegt in der objektiven Messung des Momentums – er zeigt dir ohne Emotionen, ob Käufer oder Verkäufer gerade die Kontrolle haben und ob diese Kontrolle nachlässt.
Für dich als Einsteiger sind die Kernlektionen klar: Nutze RSI-Extremzonen unter 30 und über 70 primär in Seitwärtsmärkten als Mean-Reversion-Signale. In starken Trends ignoriere die Extremzonen und konzentriere dich stattdessen auf die 50er-Linie als Trendfilter. Halte Ausschau nach Divergenzen im Tageschart oder Wochenchart – sie sind dein Frühwarnsystem für größere Trendwenden.
Die wichtigste Erkenntnis: Der RSI ist kein eigenständiges Trading-System, sondern ein Bestätigungstool. Kombiniere ihn mit gleitenden Durchschnitten, beachte den übergeordneten Trend und nutze klassische Chartanalyse für Unterstützungs- und Widerstandszonen. Ein RSI-Signal allein rechtfertigt selten einen Trade – drei oder vier zusammenkommende Faktoren (Trend, RSI, Volumen, Preisaktion) hingegen schon.
Für langfristige Investoren bietet der RSI eine einfache Hilfestellung: Kaufe starke Unternehmen, wenn ihr RSI im Wochenchart unter 35 fällt – diese Phasen bieten oft attraktive Einstiegskurse. Meide Käufe, wenn der RSI über 75 liegt, außer der übergeordnete Trend ist außergewöhnlich stark. Diese defensive Nutzung allein kann deine langfristige Performance um mehrere Prozentpunkte pro Jahr verbessern, indem sie dich vor Käufen auf Euphorie-Höchstständen bewahrt.
